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DES GB2014 D

13GESCHÄFTSBERICHT 2014 Deutsche EuroShop SHOPPING Expertin für Preisentwicklung beim Statistischen Bundesamt (Destatis). Vielmehr operiere man der Ein- fachheit halber mit einem fiktiven Durchschnittshaushalt, der gleich- zeitig mit Heizöl wie mit Gas hei- ze, und dessen Angehörige sowohl im eigenen Pkw wie in öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs seien. Daraus resultieren mehrere Pro- bleme. Eines kann man ironisch als Brötchen-Komplott bezeichnen: Die ausschwärmenden Statistiker nehmen von jeder Kategorie nur den Preis des meistverkauften Produkts auf. Die Vielzahl der übrigen Waren in der gleichen Kategorie bleibt un- berücksichtigt. Beim Bäcker ist das meistverkaufte Produkt das Stan- dardbrötchen, in Berlin Schrippe, in Süddeutschland Semmel genannt. Die Preisveränderungen von Lau- genbrötchen oder Mehrkornbröt- chen fließen dagegen nicht in die Berechnung ein. Bei einem solchen „Eckprodukt“ meiden die Bäcker je- doch Verteuerungen, da die Kunden hier besonders kritisch hinschauen und auf Verteuerung verschnupft reagieren. Zu bedenken ist dabei, dass für den Titel „meistverkauftes Produkt“ bereits ein Anteil von 20% genügen kann, 80% der Waren blei- ben so unter Umständen unberück- sichtigt. Die Beschränkung auf Eck- produkte verzerrt möglicherweise die gesamte Preisentwicklung nach unten. Das zweite Problem besteht da- rin, wie die Statistiker mit techni- schem Fortschritt umgehen. Was ist zum Beispiel, wenn die neuen Handys viel mehr können als ihre Vorläufer? Soll man dann trotzdem einfach die Verteuerung einbuchen? Oder einrechnen, dass das mobile Telefon jetzt auch fotografieren und Videos abspielen kann? „Qualitätsbereinigungen sind zwingend notwendig“, betont die Destatis-Expertin Sewald. Stellt der Händler oder der Hersteller auf eine neue Generation von Produk- ten um, sei es unerlässlich, die Ver- besserungen zu quantifizieren und nicht allein als Preissteigerung ein- zurechnen. Kritiker wenden ein, damit würden tatsächliche Verteu- erungen einfach aus der Statistik he- rausgezaubert. Bezahlen müsse der Verbraucher am Ende aber trotzdem. Wie kompliziert die Lage ist, zeigt auch der Bereich Kraftfahrzeu- ge. So werden heute fast nur noch Autos verkauft, bei denen eine Kli- maanlage serienmäßig dazugehört. Bei früheren Modellen war das kein Teil der Standardausstattung. Folg- lich wird der Preis der Klimaanlage beim Statistischen Bundesamt aus dem Preis der neuen Modelle her- ausgerechnet, wenngleich nur zur Hälfte. Ein anderes Beispiel ist die ener- giesparende Waschmaschine, die bei der Anschaffung zwar teurer ist, die im Lauf ihres Lebens aber weniger Strom verbraucht. Wäre es da sinn- voll, einfach von einer Verteuerung auszugehen, ohne die dauerhafte Energieersparnis im Haushalt ein- zukalkulieren? Das Amt sagt Nein. Ein etwaiger Preisanstieg vom al- ten zum neuen Waschmaschinen- modell wird folglich bei der In- flationsberechnung mindernd angerechnet. Im nächsten Jahr wird dann die Preisentwicklung inner- halb der neuen Generation mitein- ander verglichen. Ein weiteres Phänomen macht die Inflationsberechnung noch komplizierter. Wie Psychologen in Versuchen nachgewiesen haben, werden Preissteigerungen von Ver- brauchern stärker wahrgenommen als Preissenkungen. Die „gefühlte“ Inflation der Bürger ist daher meist höher als die gemessene der Statis- tiker. Umgekehrt sehen Ökono- men der Österreichischen Schule, die sich auf Friedrich August von Hayek und Ludwig von Mises be- rufen, ohnehin jede Ausweitung der Geldmenge als Inflation. Denn wenn das Geld mehr wird, muss es gemessen am Angebot von Produk- ten und Dienstleistungen an Wert verlieren, früher oder später. Auch ein Anstieg der Preise von Sachwer- ten ist in diesem Sinn Inflation. Ein Hochschnellen von Aktienkursen kann im Sinne der „Österreicher“ auf bedenkliche Verzerrungen im Finanzsystem hindeuten und sollte die Alarmglocken schrillen lassen. Doch DAX-Rekorde fließen ebenso wenig in die Inflationsberechnung des Statistischen Bundesamtes ein wie boomende Immobilienmärkte. Welche Inflation ist also die echte? In Amerika haben Wissen- schaftler eine alternative Messme- thode entwickelt. Im Billion Prices Project, hinter dem unter anderem die Elite-Universität MIT steht, werden täglich Millionen von Prei- sen im Internet ausgewertet, um in Echtzeit einen Eindruck von der Dy- namik der Teuerung zu gewinnen. Und tatsächlich liegt die mit diesem Verfahren ermittelte Inflationsrate ein gutes Stück über der offiziell ausgewiesenen. Zuletzt betrug sie in den USA rund 3%, während die Behörden die offizielle Ziffer mit 2 % angeben. Allerdings würden auch die Schöpfer des Billion Prices Project nicht behaupten, dass sie die wahre Teuerungsrate kennen. Letzt- lich hat jeder Mensch seine eigene Inflation, abhäng von Alter, Wohn- ort und Konsumverhalten. „Für die volkswirtschaftliche Gesamtbetrachtung ist der Verbrau- cherpreisindex sinnvoll. Doch bei der Beurteilung der individuellen Teuerung stößt sie an ihre Grenzen“, gibt schließlich auch Nadin Sewald zu. Auf der Webseite des Statisti- schen Bundesamts gibt es immer- hin einen Inflationsrechner, bei dem Bürger wie Katja Lüders einstellen können, dass sie zum Beispiel mehr für Lebensmittel ausgeben als der Durchschnittsdeutsche. Ein Makel haftet auch diesem Rechner an: das Brötchen-Komplott. C * Name geändert von Daniel Eckert und Holger Zschäpitz » Die „gefühlte“ Inflation der Bürger ist meist höher als die gemessene der Statistiker. Vergleichbare Zahlen? D as Statistische Bundesamt (Destatis) veröffentlicht monatlich die Umsatz- entwicklung von Einzelhandelsunter- nehmen in Deutschland. Bei der In- terpretation dieser Zahlen sind allerdings ein paar methodische Besonderheiten zu beachten – speziell, wenn man diese Zahlen heranziehen möchte, um die Entwicklung der Einzelhändler in den Shopping- centern der Deutsche EuroShop einzuordnen. Bei den von Destatis veröffentlichten Zahlen werden zum Beispiel nur Handelsunternehmen be- rücksichtigt, die rechtlich selbstständig ihren Sitz in Deutschland und einen Jahresumsatz von mehr als 250.000 € haben. Das heißt im Umkehrschluss, dass nicht nur viele kleine Unternehmen in der deutschen Statistik keine Berücksichtigung finden, sondern auch solche wie z. B. Amazon, die im Ausland (in diesem Fall in Luxemburg) ihren Umsatz melden. Zur Beurteilung der Umsatzentwicklung in Deutschland wählt Destatis eine repräsentative Stich- probe mit rund 24.000 Einzelhandelsunternehmen aus. Die Unternehmen sind gesetzlich verpflichtet, ihre Meldungen auf elektronischem Weg an die Sta- tistischen Landesämter zu übermitteln. Sie werden bei der Erhebung entsprechend ihres Umsatzes ei- nem bestimmten Wirtschaftszweig zugeordnet. Die- se Zuordnung des gemeldeten Umsatzes erfolgt nach dem Schwerpunktprinzip: Beträgt beispielsweise der Umsatzanteil für Bekleidung 55% und der für Schu- he 45%, so wird der gesamte Umsatz des Einzelhänd- lers der Warengruppe Bekleidung zugeordnet. Eine Aufteilung des Umsatzes in weitere relevante Wirt- schaftszweige wird nicht vorgenommen. Das gleiche gilt für die Unterscheidung stationärer Handel/Online- Handel: Liegt der Umsatzschwerpunkt beim statio- nären Handel, wird er entsprechend auch dieser Kate- gorie zugeordnet. So wird beispielsweise der gesamte Umsatz von H&M dem stationären Handel zugeord- net, wobei auch ein beträchtlicher Teil davon über das Internet erwirtschaftet wird. Das bedeutet, dass die ausgewiesene Umsatzent- wicklung für den stationären Handel auch Onlineum- sätze enthält. Die Höhe des Anteils der jeweiligen On- lineumsätze ist allerdings schwer zu beurteilen. Durch dieses Verfahren kann die von Destatis veröffentlichte Umsatzentwicklung demnach über- oder unterzeich- net sein. Bei den Umsatzzahlen, die der Deutsche Euro- Shop gemeldet werden, handelt es sich dagegen aus- schließlich um die Daten aus dem stationären Handel. Um somit nicht Gefahr zu laufen, Äpfel mit Bir- nen zu vergleichen, muss im Detail geprüft werden, um nicht zusammenhangslose Benchmarks heran- zuziehen. Beispielsweise weichen die GfK Umsatzzahlen und deren Entwicklungen (online und stationär) von denen von Destatis ab und basieren auf einer Vielzahl anderer Quellen, darunter maßgeblich auf den Auswer- tungen der GfK Verbraucherpanels. Damit kann eine Unterscheidung zwischen den beiden Absatzkanälen (online und stationär) vorgenommen sowie eine dif- ferenzierte Betrachtung einzelner Läden durchgeführt werden. C Wie entwickeln sich die Umsätze des deutschen Einzelhandels? Diese Frage beantwortet das Statistische Bundesamt regelmäßig mit seinen Veröffentlichungen. Doch taugen diese Zahlen als Vergleichsmaßstab für die Mieter in den Shoppingcentern der Deutsche EuroShop? Kundin zufrieden, Mieter zufrieden Der gesamte Umsatz der Parfümerie Douglas, der sich aus vielen Umsatzbeiträgen der etwa 430 Ladengeschäfte und des Online-Shops unter www.douglas.de zusammensetzt, wird von Destatis dem stationären Handel zugeordnet. Als Mieter in den Shoppingcentern meldet Douglas der Deutsche EuroShop aber nur die in den Shops realisierten Umsätze. Das lässt den Vergleich mit den Zahlen von Destatis hinken: Der von Douglas über das Internet erzielte Umsatz, wenn die Douglas-Kundin zu einem Internet-Terminal geführt wurde, um dort die Bestellung des gerade nicht im Shop verfügbaren Duftes einzugeben und sich per Post zuschicken zu lassen, taucht bei Destatis in der Statistik auf – nicht aber in der Umsatzmeldung an die Deutsche EuroShop. Kundin und Mieter sind zufrieden, Multichanneling wie es sein soll. C von Wilfried Reinhardt, GfK GeoMarketing

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