Please activate JavaScript!
Please install Adobe Flash Player, click here for download

DES GB2013 D

„Distanzhandel ohne Rücksendungen funktioniert nicht“, erdet Martin Barde, der seit 15 Jahren Distanzhändler aller Unternehmensgrößen berät, die Retournieraufre- gung. Dabei unterscheidet er deutlich, ob der Rücksende- grund die Anprobe oder Enttäuschung ist. Ersteres ist Ser- vice am Kunden und jenseits des stationären Handels unvermeidbar. Das Zweite ist eine Nachlässigkeit des Händlers – die Qualität stimmt nicht, die Angebotsdarstel- lungen sind ungenau oder Waren defekt. Ursachen also, die man beheben könnte und sollte. Aber das passiert noch zu selten. „Viele Händler rechnen ihre Retourenkos- ten lieber kleiner, als sie sind, nur wenige arbeiten daran, sie systematisch zu verschlanken, und noch weniger be- mühen sich, Rücksendungen aus Unzufriedenheit zu ver- meiden“, so Bardes ernüchternde Bilanz. Der einfachste Weg, unnützes Hin- und Hergekarre zu re- duzieren, wäre, von Kunden Vorkasse und Rückporto zu verlangen. Das hemmt den Probieren-kostet-ja-nix- Bestelleifer. Doch Rechnungskauf ist mit 38% Anteil der Deutschen liebster Zahlungsweg (BVH). Und selbst wenn ab Sommer 2014 die Händler formaljuristisch von den Retourenkosten unter 40€ Warenwert befreit sind, ist der Regensburger Logistikprofessor Dr. Georg Wittmann skeptisch, dass sich die Gepflogenheiten ändern: „Nach unseren Untersuchungen wollen große Händler auch weiterhin kostenlose Rücksendungen zulassen. Die klei- nen Händler müssen dann mitspielen, um keine Kunden zu verlieren.“ Anders gesagt: Privilegien abschaffen hieße, Umsatz verspielen und Kunden an Mitbewerber mit at- traktiveren Konditionen verlieren. Umweltbewusste Akteure wie Trigema nehmen das in Kauf, stehen mit dieser Politik aber ziemlich allein da. Barde sieht noch einen Grund, an Standards festzuhalten: „Große Warenkörbe sind ein erklärtes Ziel. Mit dem Um- fang der Order steigt erfahrungsgemäß der Endbon. Je mehr der ein- zelne Kunde kauft, umso weniger fallen Rücksendungen ins Gewicht“, arbeitet der Hamburger Berater die Logik heraus. N Wer kaufen will, muss fühlen. Beim Händler vor Ort ist das haptische Erlebnis inklusive, beim virtuellen sind Retouren vorprogrammiert. Ökologisch einkaufen sieht anders aus! Geht die Eigenrechnung vom Marktführer DHL auf, verbraucht die Zustellung jedes Pakets knapp 500 Gramm umweltschädlicher Treib- hausgasemission. Das klingt zunächst handhabbar. Umgerechnet auf die Bestellmasse blasen allein die 800.000 täglichen Rücksendungen 400 Tonnen CO2 in die Luft. Ein Ausstoß, der 255 PKW-Fahrten von Frankfurt nach Peking entspricht, errechnete das Wirtschaftsmagazin „Plusminus“. Ersetzte allerdings das Sofashoppen die Fahrt zum Händler, könnte der Kaufklick naturschonender sein. Mit 500 Gramm CO2-Verbrauch kommt der private Mittelklassewagen etwa 3,5 km weit. Der Konsu- ment legt aber laut Öko-Institut Darmstadt durchschnittlich 6 km zum Einkaufen zurück. Damit ist die Onlineorder 2,5 km umwelt- verträglicher – sofern keine Rücksendung und nur ein Anlieferversuch erfolgen. Ansonsten kippt die Bilanz zu Gunsten des Vor-Ort-Handels. Ein weiterer Pluspunkt: Einkaufsfahrten decken meistens Sammel- bedarf, der Einkaufscharme des Netzes liegt auch im Ad-hoc-Bestel- len. Und da immer mehr Onlinebesteller alles gleich und sofort haben wollen, zieht der Kaufklick weitere Bäume in Mitleidenschaft. Der Ex- pressversand reduziert die Fahrzeugauslastung, erzeugt Zusatzver- kehr und führt dazu, dass Warenkörbe auf mehrere Päckchen aufge- teilt werden, sollten Produkte nicht vorrätig sein. Bilanziert man jetzt noch die Kisten und Kästen, Füllstoffe und Folien, ohne die keine Ware ausgeliefert werden kann, erscheint der Händler ums Eck im eindeutig grüneren Licht. Gehen zudem die aktuellen Plä- ne verschiedener Anbieter auf, dieses Jahr großstilig ins Lebensmit- telgeschäft einzusteigen, sind weitere Umweltsünden vorprogram- miert. Ohne Styropormäntel und Plastikpolster sind Frisch- und Kühlwaren nicht schadlos zu transportieren. N Der Kauf per Klick ist bequem, die Lösung unserer Umweltprobleme ist es nicht. Und manchmal ist der Onlinekaufmann auch ein „Müll- mann“. Bei Geschenkartikeln sind die Rücksendungen im einstelligen Prozentbereich, beim modischen Frauenfummel liegen sie auch schon mal bei 80 %. DEUTSCHEEUROSHOPGESCHÄFTSBERICHT2013/SHOPPING 023

Seitenübersicht